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Sonntag, 11. Juli 2010

Es geht weiter


Mit der Fertigstellung des Kochbuches fasste ich sehr spontan den Entschluss, dieses in einem alten Museumsbauernhof im Mühlviertelzu präsentieren und aus dem Buch zu kochen. Warum aber nur präsentieren? Warum nicht gleich ein Projekt daraus machen? Nach kurzer Überlegung war das „mühlvierteln“ geboren! Es ist wohl so wie mit Kindern. Man wünscht sich diese, ahnt aber nicht, was es wirklich bedeutet, diese groß zu ziehen. Also ganz so schlimm war es doch nicht – nur das „pubertäre“ Alter war doch etwas schwieriger, aber dazu später. Zurück zum Projekt. Innerhalb weniger Wochen stellte ich ein Konzept auf die Füße. „mühlvierteln“ in alten Bauernhöfen. An idyllischen Plätzen nördlich der Donau wurden am Wochenende 20-30 Gäste kulinarisch verwöhnt. Der uralten Stube und dem Holzherd wurde neues Leben eingehaucht. Spannend zu kochen – es gibt keine Temperaturfühler, keine Induktionsplatten mit der die Hitze des Herdes genau geregelt wurden, keine Gradanzeige bei dem Backofen. Her mit den Sinnen und dem ursprünglichen Gefühl für Kochen, Temperatur und Zeit!

Ein Textauszug der mich anspricht und passend ist:
„Technische Fertigkeiten reichen für eine große Küche nicht aus! Man braucht die bedingungslose Freude am Genuss, die Überzeugung, dass anspruchsvolles Kochen mehr ist als die Verfertigung von Nahrung, die gut schmeckt. Nämlich eine eigenständige Kunstform, die wie alle Kunst von den Ideen eines Einzelnen lebt, von Spannungen, vielfältigen Nuancen, überraschenden Perspektiven und Assoziationen. Und von unablässiger Abenteuerlust.“

Man stelle sich vor – auf den Höfen ist nichts außer einer wunderschönen Stube mit Tischen und ein alter Herd. Geschirr, Gläser, Besteck, Getränke, Tischwäsche und Lebensmittel brachten wir mit. Das waren z. B. rund 150 Teller säuberlich verpackt, dann nach Gebrauch schmutzig mit nach Hause nehmen, auspacken, waschen, wieder einpacken, verstauen. Logistikhorror! Ja und meine Ansprüche, was das Bewirten in diesen Stuben betraf waren natürlich nicht gerade gering. Genau dieser Mix aus hohem Niveau in einem Umfeld wo es kaum jemand vermutet, brachten einen Erfolg, den ich mir kaum erträumen ließ. Alte Stube, persönliche herzliche Bewirtung von Petra, Wissenswertes über die Speisen von mir erfahren, den Kochprozess beobachten, neues erschmecken und eben ein ziemlich gutes außergewöhnliches Essen – wie ich von vielen Gästen bestätigt bekommen habe.

Innerhalb kürzester Zeit waren die Veranstaltungen Monate im vornhinein ausgebucht. Aus ganz Österreich kamen Gäste und viele „Exil-Mühlviertler“ fanden den Weg zurück in die Wiege ihrer Kindheit, die sie oftmals auch geschmacklich am Teller wieder fanden.

Bald merkte ich, dass es Zeit wurde, einen fixen Standort für´s „mühlvierteln“ zu suchen und meinen 40-Stunden-Job als Küchenleiter aufzugeben um ganz für das Projekt da zu sein.
Nun begann die Suche und glauben Sie mir – die Latte für ein geeignetes Objekt lag hoch.
Dazu im nächsten Bericht.

Hier ein Gericht – Geschmack der Kindheit

Kindskoch-Auflauf
60 g Mehl, 125 g Butter, 320 ml Milch, 2 Esslöffel Vanillezucker, 3 Dotter, 3 Schnee, Goldmelisse, Anis
Milch mit Anis und Goldmelisse aufkochen. Ziehen lassen. Butter schmelzen. Mehl einrühren.
Mit Milch aufgießen. Zügig glattrühren. Unter ständigem Rühren aufkochen lassen.
Die Masse überkühlen lassen. Eidotter einarbeiten. Eiklar zu Schnee schlagen.
Unterheben.
Die Masse in gebutterte und mit Zucker ausgestreute Förmchen füllen.
Im Wasserbad und im Rohr bei 170°C 20 Minuten garen.
Mit Kompott oder Röster anrichten.

Gutes Gelingen & guten Appetit
Georg Friedl

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